Viele Unternehmen setzen mittlerweile auf Modularisierung, um ihre Produktentwicklung zu beschleunigen, interne Komplexität zu optimieren und Skaleneffekte zu erreichen, um so ihre Effizienz und damit Profitabilität zu steigern. Mithilfe von modularen Gestaltungsprinzipien lassen sich flexible Produktarchitekturen schaffen, die es ermöglichen, aus einem Satz vordefinierter Module verschiedene Produktvarianten zu konfigurieren, die unterschiedlichen Kundenbedürfnissen gerecht werden.
In den meisten Fällen ist es jedoch so, dass das Produktportfolio mehrere Produkte beziehungsweise Produktfamilien umfasst, für die jeweils ein eigener modularer Baukasten entwickelt und verwaltet wird. Der Nutzen der Modularisierung wird verringert, weil die Mehrzahl an modularen Systemen wieder zu einem Anstieg der internen Komplexität führt und deren Verwaltung einen Mehraufwand für das Unternehmen darstellt.
Um Synergiepotenziale über das gesamte Produktportfolio hinweg voll auszuschöpfen und eine maximale Effizienz in der Produktportfoliopflege zu erreichen, sollten modulare Systeme plattformübergreifend gesteuert und verwaltet werden. Ein wichtiger Schlüssel zum Erfolg ist hierbei das System-of-Systems-Prinzip.
In diesem Blog-Artikel werden wir uns die Methode genauer anschauen und erläutern, wie sie Unternehmen dabei helfen kann, ihre modularen Systeme erfolgreich über mehrere Plattformen hinweg zu entwickeln und zu verwalten.
Ein gewöhnlicher modularer Baukasten ist so konzipiert, dass er verschiedene Produktvarianten abdeckt, die ähnliche technische und lieferkettenspezifische Eigenschaften aufweisen. Meist handelt es sich dabei um Produktfamilien. Die Verwendung der Module des Baukastensystems ist dabei auf die jeweilige Produktgruppe begrenzt. Das bedeutet, dass das Unternehmen in der Regel mehrere modulare Baukästen entwickelt und verwaltet, um verschiedene Produktfamilien zu bedienen.
Was die Entwicklung neuer Produkte innerhalb des einzelnen modularen Systems vereinfacht, führt auf anderer Seite dazu, dass die Möglichkeiten einer plattformübergreifenden Nutzung verschiedener Module nicht genutzt werden. Da Synergien zwischen den verschiedenen Systemen zu einer weiteren Effizienzsteigerung genutzt werden könnten, verschenken Unternehmen große Potenziale, wenn sie ihre modularen Baukästen nicht plattformübergreifend definieren und verwalten.
Um mithilfe von Modularisierung Entwicklungsprozesse nicht nur innerhalb verschiedener Subsysteme, sondern über das ganze Produktportfolio hinweg zu optimieren, braucht es eine höhere Ebene der Modularität. Die verschiedenen modularen Subsysteme müssen folglich in ein übergeordnetes, plattformübergreifendes System, in ein sogenanntes System of Systems, überführt werden.
Im Kontext von Modularisierung beschreibt der Begriff “System of Systems” ein System aus mehreren modularen Systemen, die auf allen Ebenen konfigurierbar sind. Es handelt sich um einen Systemverbund, der verschiedene Teilsysteme umfasst, die zweck- und funktionsgebunden miteinander interagieren.
Unternehmen, die bei der Entwicklung und Verwaltung ihrer modularen Systeme auf den System-of-Systems-Ansatz setzen und ihre modularen Produktarchitekturen intelligent miteinander vernetzen, sichern sich verschiedene Vorteile.
Zum einen lassen sich durch die plattformübergreifende Nutzung von modularen Baukastensystemen noch größere Skaleneffekte erreichen und die Komplexitätskosten systemübergreifend optimieren. Zum anderen führen kleine, gut organisierte und verknüpfte Teilsysteme dazu, dass die Menge an Produktdaten überschaubar bleibt und die Prozesseffizienz im Unternehmen nicht durch immer größer werdende Datenmengen, die es zu verarbeiten und berücksichtigen gilt, gemindert wird.
Plattformübergreifende modulare Produktarchitekturen werden besonders stark in der Automobilindustrie vorangetrieben. Daneben kommt das System-of-Systems-Prinzip auch in weiteren Industrien wie der Haushaltsgeräteindustrie oder der Möbelindustrie zum Einsatz. Mögliche Szenarien sind hierbei:
Ein modulares System kann in mehreren Produktplattformen genutzt werden und umgekehrt kann eine Produktplattform auf mehrere modulare Teilsysteme zugreifen. Ein Beispiel hierfür ist ein modularer Baukasten für ein Batteriesystem, das in verschiedenen Nutzfahrzeugtypen (z. B. Linienbus, Reisebus und Lkw) zum Einsatz kommt.
Komplexe Produkte erfordern in der Regel eine Kombination von verschiedenen modularen Systemen, die nach geometrischen oder funktionalen Kriterien getrennt werden. Ein Beispiel hierfür ist ein per Software gesteuerter Rasenmäher. Hier wäre es möglich, das Gerät an sich, die Steuerkonsole, die Ladestation und die Bedienungssoftware als separate modulare Baukästen zu konzipieren. Im Sinne eines System of Systems müssten die modularen Systeme dann so miteinander verknüpft sein, dass beispielsweise die Ladestation und die Steuerkonsole für verschiedene Geräte des Herstellers verwendet werden könnten.
Um bei der Herstellung von Produkten eine möglichst hohe Effizienz zu erreichen, müssen die Produkte nach Möglichkeit auf der gleichen Montagelinie produziert werden, ohne dass bei der Umstellung auf ein anderes Produkt viel an der aktuellen Linie verändert werden muss. Damit das gelingt, müssen für das gesamte System gültige Eigenschaften der Montagelinie definiert werden. Dazu gehören zum Beispiel Faktoren wie Höhe, Weite, verwendetes Material und die Produktionsgeschwindigkeit.
Leseempfehlung: Detaillierte Ausführungen, wie Sie eine Produktarchitektur als System plattformübergreifender modularer Baukästen konzipieren, finden Sie in diesem Blog-Artikel.
Wie genau funktioniert System of Systems in der Praxis? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um verschiedene modulare Subsysteme miteinander zu verknüpfen? Die Grundvoraussetzung ist ein intelligenter, klar geregelter Datenaustausch zwischen den verschiedenen Teilsystemen. Schauen wir uns das zum besseren Verständnis am Beispiel von zwei miteinander interagierenden Teilsystemen an. Hier kommt das Prinzip von Owner und Consumer ins Spiel.
Bei jedem Datenaustausch zwischen zwei modularen Systemen hat ein System die Rolle des Daten-Owners und das andere System die Rolle des Daten-Consumers. Das Owner-System gibt bestimmte Informationen vor, die dann vom User-System verwendet werden können. Beispiele für solche Informationen sind gesammelte Daten zu einem bestimmten Modul und seinen Varianten oder auch Informationen zu Schnittstellen.
Wichtig hierbei ist die Versionierung der zur Verwendung bereitgestellten Datensätze. Bei jedem Datenaustausch zwischen Systemen muss sichergestellt werden, dass die übermittelten Daten getestet, aktuell und damit problemlos für das Consumer-System verwendbar sind. Außerdem ist wichtig, dass Änderungen an den Datensätzen nur vom jeweiligen Daten-Owner vorgenommen werden können.
Ownership und konsequente Datenversionierung müssen immer klar geregelt sein. Das gilt auch, wenn der Datenaustausch nicht nur zwischen zwei Systemen, sondern zwischen mehreren Subsystemen stattfindet.
Leseempfehlung: Richtiges Datenmanagement ist eine wichtige Voraussetzung für Modularisierung. Lesen Sie mehr zum passenden Informationsmodell für Produktkonfiguration und Best Practices für das Lebenszyklus-Management von Produktarchitekturdaten in unseren weiterführenden Blog-Artikeln.
Gewöhnliche modulare Baukastensysteme erlauben es Unternehmen zwar, Komplexität zu optimieren, Kosten zu senken und Skaleneffekte zu erreichen, aber nur innerhalb einer Produktfamilie oder einer Produktgruppe. Dabei bleiben zusätzliche Synergiepotenziale über das gesamte Produktportfolio hinweg ungenutzt.
Wird Modularität nicht nur auf der Ebene einzelner Teilsysteme, sondern systemübergreifend betrachtet und verwaltet, lassen sich diese Potenziale voll ausschöpfen. Zentral ist hierfür das Prinzip “System of Systems”, das eine plattformübergreifende Nutzung von modularen Systemen über verschiedene Produktfamilien und Produktgruppen hinweg ermöglicht.
Um modulare Systeme erfolgreich plattformübergreifend zu entwickeln und zu verwalten, bedarf es einer passenden Softwarelösung für strategisches und datengestütztes Produktmanagement. Eine solche Software ist PALMA.
PALMA ist eine Software für Produktarchitekturlebenszyklusmanagement, die unter anderem die Verwaltung komplexer Produktportfolios mit der System-of-Systems-Methode erlaubt. Wie Sie mit PALMA modulare Subsysteme verwalten und zur Entwicklung neuer Produkte verwenden können, zeigen Ihnen unsere Modular-Management-Experten Cristian Franzén und Jakob Åsell im Webinar “Plattformübergreifende modulare Systeme erfolgreich entwickeln & verwalten”. Die Aufzeichnung des englischsprachigen Webinars können Sie sich hier kostenlos herunterladen.