Unser Projektpartner: Whirlpool
Die Whirlpool Corporation mit Hauptsitz in Benton Harbor, Michigan, zählt zu den weltweit führenden Herstellern von Haushaltsgeräten. Das 1911 gegründete Unternehmen ist in Nordamerika und Europa besonders stark positioniert und vertreibt ein breites Portfolio an Produkten unter etablierten Marken wie Whirlpool, KitchenAid, Maytag, Bauknecht und Indesit.
Zum Sortiment gehören unter anderem Waschmaschinen und Trockner, Kühl- und Gefrierschränke, Spülmaschinen und Kochgeräte sowie Klimatisierungslösungen.
Whirlpool verfolgt eine strategische Kombination aus Produktinnovation, starker Markenführung und operativer Effizienz, um sich im wettbewerbsintensiven Marktumfeld zu behaupten. Der Konzern ist global tätig und betreibt Entwicklungs-, Fertigungs- und Vertriebsstandorte weltweit.
Ergebnisse
–35 % Einzelteilen
– 25 % Teile pro Produkt
–20 % Teilekosten
–40 % Plattformen
–10 % Materialkosten
„Der modulare Denkansatz ermöglicht uns heute, die Auswirkungen jeder Änderungsanfrage viel schneller vorherzusagen als zuvor. Das spart Zeit und Energie. Früher mussten wir bei jeder Anfrage zu Design- oder Funktionsänderungen das gesamte Produktdesign überprüfen. Jetzt sehen wir unmittelbar, welche Module betroffen sind, und können viel schneller darauf reagieren“
Jorma Mäkilä,
Plattform-Verantwortliche für Opera
Herausforderungen im Unternehmen
Am Standort Norrköping in Schweden entwickelte und produzierte Whirlpool Mikrowellengeräte für den Weltmarkt. Das Kerngeschäft bestand überwiegend aus freistehenden Standardgeräten, die durch folgende Merkmale gekennzeichnet waren:
- hohe Produktionsvolumina für global ausgerichtete Serienprodukte
- stark standardisierte Varianten ohne oder mit nur minimaler Konfigurierbarkeit
- extreme Preissensitivität aufgrund intensiver Konkurrenz durch Niedrigpreis-Anbieter
- kurze Produktlebenszyklen von meist ein bis zwei Jahren
Die bisherigen Strukturen waren auf Effizienz und Skaleneffekte ausgerichtet – eine Strategie, die unter sich wandelnden Marktbedingungen zunehmend an ihre Grenzen stieß.
Strategiewechsel: Vom Massenprodukt zur differenzierten Produktplattform
Whirlpool verfolgte nun das Ziel, eine größere Vielfalt hochwertiger Mikrowellenprodukte zu entwickeln, um ein breiteres Kundenspektrum zu bedienen und gleichzeitig schneller auf neue Technologien, Designtrends und Verbrauchererwartungen reagieren zu können.
Um diese Strategie umzusetzen, waren mehrere strukturelle Veränderungen erforderlich:
- Neuausrichtung der Produktionsprozesse auf Variantenvielfalt und kürzere Zyklen
- Reduktion nicht-wertschöpfender Overhead-Strukturen
- Aufbau einer agilen und marktorientierten Produktentwicklungsorganisation
Gesetzte Optimierungsziele
Um künftig mehrere Marken und Modellvarianten effizient entwickeln und fertigen zu können, entschied sich Whirlpool für den Aufbau einer modularen Produktarchitektur. Ziel war es, auf Basis einer einzigen technischen Plattform ein breites Spektrum unterschiedlicher Mikrowellen für mehrere Marken effizient abzuleiten.
Modular Management unterstützte das Projektteam bei der strukturierten Analyse der Ausgangssituation, der Definition konkreter Ziele und der Ableitung messbarer Erfolgskennzahlen. Das Modularisierungsprogramm erhielt den Namen „Opera“ und verfolgte folgende geschäftliche Zielsetzungen:
Geschäftliche Ziele des Programms „Opera“
- Marktstrategie: Ausrichtung der Produkte auf die spezifischen Anforderungen mehrerer Marken
- Produktsortiment: Verzehnfachung der Variantenvielfalt über alle Marken hinweg
- Gesamtausstoß: Anpassung an eine geplante Produktionsreduktion um 60 Prozent
- Fertigungsstrategie: Umstellung auf kleinere Serienfertigung
- Lagerstrategie: Einführung einer Make-to-Order-Produktion
- Gesamtkosten: Proportionale Reduktion der Jahreskosten entsprechend dem Produktionsrückgang
- Stückkosten: Begrenzung des Anstiegs auf maximal 3 Prozent
- Fixkostenquote: Beibehaltung des Anteils indirekter Kosten trotz rückläufiger Gesamtvolumina
- Produktstrategie: Entwicklung einer neuen Produktkategorie – Einbaugeräte statt Standgeräte
Technologische Herausforderungen: Differenzierung und thermisches Design
Der Übergang von Standgeräten zu Einbau-Mikrowellen brachte zusätzliche technische Herausforderungen mit sich – insbesondere im Bereich der Wärmeableitung. Während freistehende Geräte über seitliche und rückseitige Luftzirkulation verfügen, müssen Einbaugeräte aktiv gekühlt werden. Dies erforderte die Integration eines effektiven Lüftersystems zur Steuerung der Luftführung im geschlossenen Möbelfach.
Darüber hinaus wurde die neue Plattform um zusätzliche Funktionen erweitert:
- klassische Mikrowellenleistung
- Grillfunktion (wie bei bisherigen Modellen)
- Heißluftbetrieb (Umluft)
- Crisp-Funktion für knusprige Zubereitungsergebnisse
Die Entwicklung zielte nicht nur auf technische Funktionalität, sondern auch auf eine klare Differenzierung der Marken. Eine modulare Architektur sollte es ermöglichen, sowohl Design- als auch Funktionsvarianten zielgerichtet zu entwickeln und parallel unterschiedliche Innovationszyklen zu bedienen – ein wesentlicher Erfolgsfaktor im wettbewerbsintensiven High-End-Hausgerätemarkt.
Was wir gemeinsam erreicht haben
„Es steht außer Frage, dass wir ohne Modular Management damals nicht die Ergebnisse hätten erreichen können, die uns gelungen sind“, sagt Jorma Mäkilä, der Plattform-Verantwortliche für Opera. „Ich bin überzeugt, dass wir ein ganzes Jahr Entwicklungszeit eingespart haben. So konnten wir die ersten Opera-Produkte deutlich vor dem geplanten Termin auf den Markt bringen.“
Unter Anwendung von Modular Function Deployment® „wurde das Opera-Produkt in 36 Module aufgeteilt, was paralleles Entwickeln ermöglichte“, erklärt Mäkilä weiter. „Das Opera-Team erstellte eine Spezifikation für jedes Modul. Diese Modulspezifikationen enthalten alle zentralen Informationen zum jeweiligen Modul und dessen Varianten. Der verantwortliche Berater von Modular Management führte wöchentliche Qualitätssicherungs-Meetings mit allen beteiligten Entwicklungsingenieuren durch, um sicherzustellen, dass niemand eigene Wege einschlug oder Schnittstellen verletzte. Tatsächlich war seine Arbeit von entscheidender Bedeutung für den Erfolg des Projekts.“
Die tatsächliche Senkung der indirekten Kosten betrug im Projektverlauf 20 %. Schließlich wurde die Opera-Plattform mit der Ofen-Plattform „Minerva“ zusammengeführt. Dadurch musste der Standort Norrköping die Zusammenarbeit hinsichtlich Markenidentität, Marktpositionierung und Vertriebskanälen eng mit dem Hauptstandort für Backöfen in Italien abstimmen.
„Der modulare Denkansatz ermöglicht uns heute, die Auswirkungen jeder Änderungsanfrage viel schneller vorherzusagen als zuvor. Das spart Zeit und Energie. Früher mussten wir bei jeder Anfrage zu Design- oder Funktionsänderungen das gesamte Produktdesign überprüfen. Jetzt sehen wir unmittelbar, welche Module betroffen sind, und können viel schneller darauf reagieren“, erläutert Mäkilä.
Ein frühzeitig eingesetzter Konfigurator zeigte auf, an welchen Stellen unerwünschte Abhängigkeiten zwischen den Modulen existierten. Das war äußerst hilfreich, um das Produktdesign so weit wie möglich zu entkoppeln.
Mäkilä betont außerdem, dass Modularität dem Team ermöglichte, Zeichnungen und Stücklisten wesentlich effizienter zu verwalten als zuvor.
Modulare Architektur in Aktion
Ein zentrales Ziel des Opera-Projekts war die Umsetzung einer großen Vielfalt an Designstilen – hinsichtlich Optik, Haptik und Bedienbarkeit. Die modulare Plattform sollte diese Variabilität ohne signifikante technische oder wirtschaftliche Einschränkungen ermöglichen.
Im traditionellen Produktdesign war dies nur eingeschränkt möglich. Drehknöpfe und Tasten wurden direkt auf der Leiterplatte (PCB) an festen Positionen montiert. Jede neue Bedienelementkonfiguration erforderte:
- eine individuelle Leiterplatte bei abweichender Tastenposition
- eine eigene Frontplatte mit spezifischer Lochanordnung
- jeweils ein separates Werkzeug für jede Designvariante
Diese Vorgehensweise führte zu hoher Komplexität, langen Vorlaufzeiten und hohen Werkzeugkosten – insbesondere bei geringen Stückzahlen.
Neue Architekturprinzipien für flexible Bedienkonzepte
Die modulare Produktarchitektur ermöglichte eine neue, skalierbare Herangehensweise:
- Standardisierte Frontplattengrundformate: Die Oberfläche wurde in vordefinierte Zonen gegliedert, in die Bedienelemente frei platziert werden konnten.
- Werkzeuglose Anpassung: Statt aufwändiger Werkzeugfertigung kamen Laserbohrungen zum Einsatz, um exakt positionierte Öffnungen mit glatten Kanten zu erzeugen.
- Entkopplung von Elektronik und Mechanik: Knöpfe und Tasten wurden nicht mehr direkt auf der Leiterplatte befestigt, sondern über ein flexibles Kabel-Stecker-System verbunden. Damit konnten Bedienelemente an beliebigen Stellen der Front positioniert und elektronisch angebunden werden.
- Umstieg auf elektronische Drehknöpfe: Mechanische Drehregler wurden durch elektronische Varianten ersetzt, was mehrere Vorteile brachte:
- deutlich höhere Lebensdauer
- Eliminierung früherer Qualitätsprobleme
- vereinfachte Standardisierung
- stabile Preise durch höhere Volumina, auf vergleichbarem Niveau zu mechanischen Lösungen
Mit dieser Architektur entwickelte das Opera-Team mehrere klar differenzierte Frontplattendesigns – ohne die wirtschaftlichen Nachteile klassischer Variantenfertigung.