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Produktlebenszyklen werden immer kürzer, Ihre Entwicklungszeiten auch?

Geschrieben von Ingo Bögemann | 15.01.2018 08:53:00

Produktvarianten steigen und Produktlebenszyklen werden immer kürzer. In den Medien tauchen immer wieder Berichte auf wie diese Artikel im Tagesspiegel oder im PC Magazin. Die Aufhänger sind die immer schneller werdende Abfolge von neuen Smartphones und anderen Elektronikgeräten. Aber auch im Maschinen- und Anlagenbau dreht sich das Rad immer schneller. Dies zeigt auch eine Studie des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages:

Diese Entwicklung setzt die Industrie unter einen enormen Innovati-
ons- und Zeitdruck, welcher durch den zunehmenden Einzug von Elektronik in nahezu alle Produkte in allen Branchen noch erheblich gesteigert wird.

Steigender Druck auf die Industrie

Die so immer kürzer werdenden Zeiten zwischen einzelnen Produktvarianten und Produktgenerationen machen die früher übliche Entwicklung von Produkten mit mehreren Prototypen und vorangehenden Kleinserien zur kontinuierlichen Fehlerreduktion immer schwerer. Besonders drastisch stellt sich diese Entwicklung bei elektronischen Produkten dar.
 
Nach dem Mooreschen Gesetz verdoppeln sich die Anzahl der Schaltkreise alle 18 Monate; die so leistungsfähigeren Prozessoren und Elektronikkomponenten werden von Herstellern entsprechend in neue Produkte eingebaut. Der voranschreitende Einzug von Elektronik und Digitalisierung in zuvor analoge Produkte erhöht sich auch die Geschwindigkeit in traditionellen Industrien wie dem Maschinen- und Anlagenbau.
 
Leseempfehlung: Der Anteil von Software und Elektronik im klassischen Maschinenbau wird immer größer. Lesen Sie hier, was Sie bei einer gemeinsamen Modularisierung von Hardware und Software beachten müssen.

Reduktion von Entwicklungszeit bei steigender Variantenvielfalt

Die Verkürzung der Zyklen führt zwangsläufig zu einer schnelleren Abfolge von Entwicklungsprojekten. Dies hat zur Folge, dass die F&E-Abteilungen die Entwicklungszeit für einzelne Produktvarianten und Produktgenerationen reduzieren müssen. Das führt in der Konsequenz zu einer größeren Anzahl von Varianten, die in einer gegebenen Zeit entwickelt werden müssen.

 

Einher mit der gesteigerten Variantenvielfalt durch diese zeitliche Komponente geht die Diversifizierung des Portfolios, um immer mehr Kunden in verschiedenen Märkten möglichst passgenaue Lösungen zu bieten. Der aktuelle Bericht des VDMA, Zukunftsperspektive Maschinenbau, sieht steigende Nachfrage nach kundenspezifischen Lösungen und das Erschließen neuer internationaler Märkte als zwei große Trends im deutschen Maschinen- und Anlagenbau.

Leseempfehlung: Erfahren Sie hier, wie Sie Ihr Portfolio entsprechend den Bedürfnissen Ihrer Kunden segmentieren können, inkl. Download für eine Anleitung zur bedarfsgerechten Marktsegmentierung.

Hoher Druck auf Entwicklungskosten

Zusätzlich zu dem generell steigenden Wettbewerb durch neue Marktteilnehmer und dem damit einhergehenden Kostendruck korreliert der relative Anteil der Entwicklungskosten mit der Lebensdauer eines Produktes. Bekanntlich wird der relative Anteil der Entwicklungskosten geringer, je länger ein Produkt im Markt ist.

Das bedeutet umgekehrt, dass bei verkürztem Produktlebenszyklus der relative Anteil der Entwicklungskosten steigt. F&E-Abteilung stehen daher vor der Herausforderung, die Kosten für die Entwicklung einer Produktvariante immer weiter zu senken.

Steigende Variantenvielfalt und immer kürzere Entwicklungszyklen am Beispiel der Automobilindustrie

Am Beispiel des VW Golf lässt sich nachvollziehen, wie in immer schnellerer Abfolge neue Modelle in den Markt gebracht werden. Seit der Einführung der ersten Generation des VW Golf im Jahre 1974 bis zum Marktaustritt des Golf V im Jahre 2008 haben sich die Produktlebenszyklen von 9 auf 5 Jahre verkürzt, eine Reduktion um 45%. Die kumulativen Umsätze einer Produktgeneration haben sich gegenläufig entwickelt. Der Golf I wurde insgesamt 6,8 Millionen Mal verkauft, beim Golf V waren es nur noch 2,6 Millionen verkaufte Fahrzeuge.

Während die Zeit von einer bis zur nächsten Generation immer kürzer wird, zeigt sich bei der angebotenen Variantenvielfalt eine entgegengesetzte Entwicklung - eine starke Steigerung der angebotenen Variantenvielfalt. So umfasste die Modellpalette von Mercedes-Benz in den 80er Jahren nur 5 Modelltypen heute bietet Mercedes 28 Modelltypen. Und auch innerhalb der Modelltypen gibt es immer mehr Auswahl- und Konfigurationsmöglichkeiten für den Kunden. Für den Audi A6 gibt es 18.800 Türverkleidungsvarianten, der BMW X3 wird mit 90.000 Dachhimmelvarianten angeboten... 

Die Herausforderung im Maschinenbau - Schneller, variantenreicher, kostengünstiger...

Die Herausforderung wird am Beispiel der Automobilindustrie deutlich. Diese Entwicklung ist schon in vielen Bereichen des Maschinen- und Anlagenbaus angekommen. So zeigt eine Studie der Smart Variant.Con, einer führenden Fachkonferenz zum Thema Variantenmanagement, dass für 52% der befragten Unternehmen kürzere Entwicklungszeiten ein wesentlicher Treiber für Prozessoptimierung sind. Weitere 48% nennen kundenindividuellere Produkte als einen wesentlichen Treiber. 

Der Wunsch kundenindividuelle Produkte anzubieten führt nicht selten auch zu einer großen Vielfalt an technischen Lösungen. Die Komplexitätskosten, die mit dieser großen Teilevielfalt einhergeht, lässt sich schwer beziffern. 

Modularisierung - Teilevariantenvielfalt optimieren bei maximaler Auswahl für den Kunden

Die Modularisierung von Produkten erlaubt es, durch die Reduktion von technischen Varianten Zeiten und Kosten in der Entwicklung zu reduzieren. So wird in der Studie des VDMA Zukunftsperspektive Maschinenbau Modularisierung als einen der wichtigsten Handlungsansätze für den Maschinen- und Anlagenbau identifiziert, um für die Chancen und Risiken der kommenden Jahre vorbereitet zu sein:

Standardisierung und Modularisierung zielen ab auf ein Portfolio mit geringerer Varianz
und Komplexität sowie einem insgesamt niedrigerem Kostenniveau, ohne dabei Breite und
Individualität des Angebots zu verringern.

Weiterhin wurde die Entwicklung in Form von modularen Baukästen als eine Voraussetzung für die Herausforderungen und Potenziale von Industrie 4.0 identifiziert. Dies zeigt die entsprechende Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Entwicklung, Erschließen der Potenziale der Anwendung von Industrie 4.0:

Ein modularer Aufbau von Produkten, Prozessen, Maschinen und auch Software muss
noch stärker als bisher vorangetrieben werden, da Modularisierung eine wichtige Vorausset-
zung auf dem Weg hin zu Industrie 4.0 ist.

Mit modularen Baukästen Kosten senken

Ein wichtiger Aspekt eines modularen Baukastens ist die Reduktion von Komplexität in Form von technischer Teilevielfalt. Bei konsequenter Umsetzung sind hier Reduktionen der Teilenummern von 50-70% umsetzbar. Diese erhebliche Komplexitätsreduktion auf der technischen Seite hat Auswirkungen auf die Kostenseite.

Als Komplexitätskosten bezeichnen wir den Anteil der operativen Gesamtkosten, welcher mit der Vielfalt an Teile- und Produktvarianten skaliert. Die folgende Grafik stellt beispielhaft den Anteil der Komplexitätskosten in den verschiedenen Kostenstellen des Unternehmens dar. Wenn nun die Teilenummern um 50% reduziert werden ist eine entsprechende Reduktion der Komplexitätskosten möglich.

Auch bei den direkten Kosten in Einkauf und Produktion können erhebliche Kostenreduktionen realisiert werden. Hier sprechen wir von den oft mit Modularisierung assoziierten Skaleneffekten. Die folgende Grafik zeigt die Skaleneffekte für unterschiedliche Arten von Erzeugnissen in Form von Kostensenkung pro prozentualer Teilenummernreduktion.

Leseempfehlung: Mit einer modularen Produktarchitektur können Sie Kosten senken und Umsatz steigen - Aber um wie viel? Diese Frage beantwortet Ihnen eine methodische Potentialanalyse, lesen Sie dazu mehr in unserem Blogartikel inkl. Schnelltest.

Umsatz steigern mit modularen Baukästen

Insbesondere auch erhöhte Geschwindigkeit bei der Entwicklung neuer Produktvarianten und -upgrades sowie verkürzte Lieferzeiten durch den modularen Aufbau führen zu Umsatzsteigerung. So ermöglicht ein modularer Baukasten nicht nur die Reduktion von Kosten sondern auch die Steigerung des Umsatzes. Das finanzielle Potential der Modularisierung ergibt sich so als Summe der Effekte durch Kostenersparnisse und durch Umsatzsteigerung.

Steigende Variantenvielfalt, kürzere Entwicklungszeiten - Unternehmen müssen sich dieser Herausforderung stellen

In praktisch alle Branchen kämpfen die Entwicklungsabteilungen mit der Schere der steigenden Varianten und der kürzeren Entwicklungszeiten. Es wird deutlich, dass alle Unternehmen, die langfristig wettbewerbsfähig sein wollen, eine Antwort darauf finden müssen, wie sie diesen konkurrierenden Zielen gerecht werden können.

Erfahren Sie hier, wie Sie ihre ersten Schritte auf dem Weg zu Ihrem modularen Baukasten machen können. Lesen Sie unseren Blogartikel zur modularen Produktarchitektur und holen Sie sich unsere kostenlose Schritt-für-Schritt-Anleitung für die Definition Ihrer Modulstruktur.