Kundenwünsche mit einer intelligenten modularen Produktstruktur umsetzen, Kosten senken und Entwicklungszeiten drastisch reduzieren. Der VDMA berichtet von einem durchschnittlichen Verbesserungspotential von bis zu 10% bezogen auf das unternehmerische Gesamtergebnis und spricht von Einsparpotentialen im Engineering in Höhe von 15% im Anlagenbau, sowie einer drastischen Reduktion von Entwicklungszeiten. Aber wie funktioniert ein modularer Baukasten, der Kosten senkt und Entwicklungszeiten verkürzt?
In unserem Video erfahren Sie mehr über die Funktionsweise eines modularen Baukastensystems und warum sich mit modularen Baukästen Entwicklungszeiten und Kosten reduzieren lassen.
Steigende Wettbewerbsdynamik durch immer kürzer werdende Produktlebenszyklen und die zunehmende Marktsättigung sowie der gesellschaftlicher Wandel mit dem immer stärker werdenden Wunsch nach Differenzierung und Individualisierung führen zu einer stetig wachsenden Anzahl an Produktvarianten in den Unternehmen.
Produktvarianten können über die Eigenschaften des Produktes und deren entsprechende Ausprägungen beschrieben werden. Bei einem Kaffeevollautomaten ist so eine Eigenschaft z.B. die Art der Bedienung - für ein Premiumgerät mit Touchdisplay oder in der einfachen Ausführung eine manuelle Bedienung.
Im Maschinen und Anlagenbau können solche Eigenschaften die Ausbringungsmenge pro Stunde einer Maschine, bei Aufzugherstellern die Geschwindigkeit der Aufzugkabine und im Automobilbereich Leistung des Motors sein.
Leseempfehlung: Mehr Auswahl für die Kunden bei weniger technischen Teilenmmern - Lesen Sie hier, wie Sie die technische Teilevielfalt Ihres modularen Baukasten systematisch optimieren können.
Diese Eigenschaften und Wahlmöglichkeiten kann man sich wie Stellschrauben oder Regler vorstellen, an denen der Kunde drehen kann um sein gewünschtes Produkt zu konfigurieren. Dreht ein Kunde an den entsprechenden Reglern, hat dies Auswirkungen auf die benötigten Komponenten und oftmals auch auf die entsprechende Fertigung dieser Komponenten. Bei einer klassischen Produktentwicklung im 'Copy&Paste'-Modus, bei der eine Produktvariante nach der anderen entwickelt wird, sind die Abhängigkeiten zwischen den Eigenschaften und den Komponenten sehr groß.
Wann immer ein Kunde eine neue Eigenschaft oder auch nur eine Ausprägung fordert und an den entsprechenden Reglern dreht, müssen im schlimmsten Fall alle Komponenten neu entwickelt werden. Die Anzahl der benötigten Varianten unserer Komponenten ist dabei umso höher, je größer die Abhängigkeiten der Komponenten von den Produkteigenschaften sind, und je mehr Auswahlmöglichkeiten Ihr Kunde pro Regler hat.
Mann kann man kann sich leicht vorstellen, dass die Entwicklung eines solchen Produktes sehr unflexibel, zeit- und kostenintensiv ist. Dies gilt insbesondere in Bezug auf Änderungen und Neuerungen, die Sie Ihren Kunden in der Zukunft anbieten wollen.
In der alltäglich Praxis finden wir je nach Branche und Produkt leicht mehr als hundert Eigenschaften mit teilweise einer Vielzahl von Auswahlmöglichkeiten pro Produkteigenschaft.
Der Kniff bei der Entwicklung einer modularen Produktarchitektur liegt in der Entkopplung dieser Eigenschaften bzw. Auswahlmöglichkeiten der Kunden von den Komponenten. Unabhängig davon, ob Sie ein funktionsorientierten Ansatz oder eine produktstrategische Methode zur Modularisierung gewählt haben, zeichnen sich modulare Produkte dadurch aus, dass die Komponenten durch standardisierte Schnittstellen entkoppelt werden und der Einfluss der Eigenschaften auf die Komponenten minimiert wird.
Vereinfacht gesprochen: Ihr Kunde dreht an einem Regler und beeinflusst nur noch eine überschaubare Anzahl von Komponenten.
Was so einfach aussieht, Bedarf in der Praxis eine eingehende Analyse der bisherigen Lösungen, um zu verstehen was die Variantentreiber der entsprechenden Komponenten sind. Zudem müssen die zukünftigen Auswahlmöglichkeiten für Ihre Kunden im Rahmen einer Portfolioanalyse ermittelt und zu einem Zukunftsportfolio strukturiert werden. So wird verhindert, dass ein modulares Konzept in der Zukunft verwässert wird und Sie wieder von vorne anfangen müssen.
Durch gezielte Designanpassungen, oder sogar durch Veränderung der verwendeten Technologien, werden die Komponenten entkoppelt und es so ermöglicht, dass der Einfluss der Produkteigenschaften auf die Komponenten minimiert wird.
Im folgenden sehen Sie ein Beispiel aus einem Projekt für einen Maschinen- und Anlagenbauer aus der Verpackungsindustrie, am Beispiel der Komponente 'Verpackungsauswurf'. In diesem Fall haben die 7 Auswahlmöglichkeiten auf der linken Seite zu insgesamt 37 Varianten der Komponente auf der rechten Seite geführt. Die technischen Gründe für die Varianten sind in der Mitte illustriert.
Dem Maschinen- und Anlagenbauer ist es gelungen, die Varianten der Komponente von 37 auf nur 2 Varianten zu reduzieren. Im Kern wurde hier eine neue Technologie gewählt und die Komponenten über standardisierte Schnittstellen entsprechend entkoppelt. Im Resultat gibt es nur noch 2 Varianten.
Es ist kein Geheimnis, dass Sie durch eine Modularisierungsstrategie ihre Anzahl an Komponentenvarianten drastisch reduzieren können.
Die benötigten Komponenten können im Mittel um 50% reduziert werden. Und das obwohl häufig die Anzahl der angebotenen Produktvarianten noch vergrößert wird.
Diesen Wert können wir aus den Projekten in der Praxis bestätigen. Das Resultat ist eine Erhöhung der Gleichteile. Die nebenstehende Grafik zeigt die anonymisierten Ergebnisse aus einem Projekt im Maschinen und Anlagenbau.
Ein weiteres Beispiel aus dem Bereich der Verkabelung/Elektrik eines Flugzeugbauers demonstriert eindrucksvoll die Potentiale einer modularen Produktarchitektur. Im Flugzeugbau findet sich klassischerweise ein hoher Anteil an neuen Designlösungen für jede Flugzeugvariante. Hintergrund ist der hohe gewünschte Differenzierungsgrad der Fluggesellschaften im Bezug auf die Kabinenkonfiguration.
Vor Einführung einer modularen Produktarchitektur wurden im Mittel 55% der Designlösungen aus dem Bereich der Verkabelung neu entwickelt. Nach Einführung lag der Anteil der neu entwickelten Designlösungen deutlich unter 20%. Dies ist umso beeindruckender, da Modularisierung im Bereich Luftfahrt besonders herausfordernd ist, da eine Gewichtserhöhung durch Überdimensionierung unbedingt vermieden werden muss.
Die Kalkulation der Kosteneinspareffekte durch modulare Baukästen ist ein große Herausforderung. Das gilt insbesondere für Unternehmen, die in diesem Bereich erst am Anfang stehen. Ein einfacher Indikator für die Reduktion von direkten und indirekten Kosten ist die Reduktion der Anzahl der insgesamt benötigten Komponentenvarianten, um eine entsprechende Produktfamilie abzudecken.
Hintergrund sind die Abhängigkeiten der Kosten in Bezug auf die Anzahl der Komponentenvarianten. Sowohl direkte als auch indirekte Kosten steigen dabei mit der Anzahl der benötigten Komponenten um eine Produktfamilie zu entwickeln.
Man kann sich leicht vorstellen, dass die Reduktion der Anzahl der Komponenten und die damit einhergehende Erhöhung von Gleichteilen einen positiven Effekt auf die Entwicklungszeiten von neuen Produktvarianten hat. In unserem Praxisbeispiel aus der Luftfahrt konnten die Anzahl der neuen Designlösungen für neue Produktvarianten auf unter 20% gesenkt werden. In der Folge konnte die Entwicklungszeit um knapp 40 % reduziert werden.
Hier ein weiteres Beispiel des Motorspezialisten MAN. Dieser konnte durch ein Baukastensystem für Stromerzeugungsanlagen seine Planungszeiten für den Bau der Anlagen um bis zu 30 Prozent reduzieren.
Leseempfehlung: Damit die Unternehmensführung einem Modularisierungsprojekt die notwendige Priorität einräumt, bedarf es eines validen Business-Case. Lesen Sie hier, wie Sie mit der Potenzialanalyse vorab Kostenreduktion und Umsatzwachstum durch Modularisierung quantifizieren können.
Modulare Baukastensysteme minimieren die Abhängigkeiten zwischen Produkteigenschaften und den technischen Komponenten. Vereinfacht gesagt, werden die Auswirkungen der individuellen Produktkonfiguration auf die Komponenten minimiert.
Möglich wird dies durch eine Entkopplung, standardisierte Schnittstellen und der funktionalen Unabhängigkeit zwischen Komponenten bzw. Modulen. Diese Vorgehensweise führt in der Folge zu einer Reduktion der benötigten Komponentenvarianten, die in der in der Praxis oft bei ~50% liegt.
Die verringerte Anzahl der Komponenten führt zu einer Senkung von direkten und indirekten Kosten, die über alle Abteilungen hinweg erzielt werden können, sowie zu einer Reduktion von Entwicklungszeiten für neue Produktvarianten.